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beleuchteter Tachometer eines Autos in der Nacht - Nachtfahrtmessung

Nachfahrtmessung: Ablauf und Messfehler

Einleitung

Die Nachfahrtmessungen gehören zu den klassischen Methoden der Geschwindigkeitskontrolle und das ganz ohne sichtbaren Blitzer. Wie wird hier die Geschwindigkeitsüberschreitung gemessen? Ein Polizeifahrzeug folgt den Betroffenen über eine bestimmte Strecke und ermittelt anhand der eigenen Geschwindigkeit, wie schnell das vorausfahrende Auto unterwegs ist. Häufig wird die Messung zusätzlich durch Videoaufzeichnungen dokumentiert, zwingend erforderlich ist das aber nicht. Schon die Aussage der Beamten kann als Beweis genügen.

Gerichte haben die Nachfahrtmessung mehrfach als zulässiges und zuverlässiges Verfahren bestätigt. Entscheidend ist jedoch, dass bestimmte Regeln eingehalten werden. Etwa eine ausreichende Messstrecke, ein konstanter Abstand und ein gültig geeichtes Tachometer. Werden diese Vorgaben nicht beachtet, entstehen Angriffspunkte, die einen Einspruch in Zusammenarbeit mit einem Anwalt, etwa uns als Ihrem Anwalt für Verkehrsrecht in Stralsund, gegen den Bußgeldbescheid möglich machen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei der Nachfahrtmessung folgt ein Polizeifahrzeug dem Betroffenen über mehrere Hundert Meter. Die Geschwindigkeit wird anhand eines geeichten Tachometers ermittelt.
  • Eine unklare Messstrecke, ein schwankender Abstand, ungeeichte Technik oder eine lückenhafte Dokumentation führen häufig zu unzuverlässigen Ergebnissen.
  • Zwar gilt die Nachfahrtmessung als standardisiertes Messverfahren, doch schon kleine Abweichungen können sie unverwertbar machen.

Technische Funktionsweise

Die Nachfahrtmessung kommt vor allem auf Landstraßen und Autobahnen zum Einsatz. Dabei fährt ein Polizeifahrzeug über eine gewisse Strecke hinter dem betroffenen Auto her und nutzt den eigenen Tachometer als Referenz für die Geschwindigkeitsbestimmung. Das unterscheidet die Nachfahrtmessung grundlegend von anderen technischen Systemen wie stationären oder mobilen Blitzern.

Häufig wird zusätzlich ein Videosystem eingesetzt, das die Messung dokumentiert und als Beweis im Verfahren dient.

So läuft die Nachfahrtmessung ab:

  1. Ein Polizeifahrzeug folgt dem Betroffenen über mehrere Hundert Meter.
  2. Die Geschwindigkeit wird anhand des geeichten Tachometers abgelesen.
  3. Der Abstand zum Fahrzeug muss gleich bleiben und das Tempo konstant gehalten werden.
  4. Die Mindestmessstrecke beträgt meist 300 bis 500 Meter, abhängig von der Geschwindigkeit.
  5. Häufig wird die Fahrt mit einem Video-Nachfahrsystem (z. B. ProViDa) dokumentiert.
  6. Nach Abschluss erfolgt die Auswertung der Aufzeichnung und der Tachowerte.

Zu den Voraussetzungen zählen stets geschultes Personal und ein korrekt ausgestattetes Polizeifahrzeug.

Typische Fehler der Nachfahrtmessung

Nachfahrtmessungen wirken zunächst unkompliziert. Doch damit die Werte tatsächlich vor Gericht Bestand haben, müssen zahlreiche Bedingungen erfüllt sein. Schon kleine Abweichungen bei der Messstrecke, dem Abstand oder der Dokumentation können das Ergebnis in Zweifel ziehen. Im Folgenden finden Sie die häufigsten Fehlerquellen und warum sie für Betroffene im Einspruchsverfahren wesentlich sind.

Zu kurze oder unklare Messstrecke

Damit eine Nachfahrtmessung zuverlässig ist, muss die Strecke lang genug und klar dokumentiert sein. Gerichte haben dazu Richtwerte entwickelt. Bei Geschwindigkeiten bis 70 km/h sind mindestens 300 bis 400 Meter erforderlich, bei über 120 km/h sogar 1.000 Meter. Ist die Strecke kürzer oder ihr Beginn und Ende nicht eindeutig festgehalten, fehlt die Grundlage für ein belastbares Messergebnis.

Inkonstanter Abstand und wechselnde Geschwindigkeit

Die Beamten müssen den Abstand zum gemessenen Fahrzeug so konstant wie möglich halten. Schwankungen, etwa durch Bremsen, Beschleunigen oder Überholvorgänge, verzerren den Bezug zum Tachowert des Polizeifahrzeugs. Das führt zu ungenauen Ergebnissen und macht die Messung angreifbar.

Eichung und Technik des Polizeifahrzeugs

Der Tachometer dient als Referenzwert. Damit er gerichtsfest ist, muss er regelmäßig geeicht und technisch einwandfrei sein. Abgelaufene Eichungen, falsche Reifengrößen oder technische Defekte können die Werte verfälschen. Fehlen in den Akten Nachweise über Eichung und Wartung, bestehen gute Ansatzpunkte für einen Einspruch.

Ablese- und Bedienfehler

Auch menschliches Versagen sollte nicht außer Acht gelassen werden. Wird die Messung zu spät gestartet, zu früh beendet oder der Tachowert ungenau abgelesen, entstehen erhebliche Abweichungen. Ohne genaue Dokumentation, wann und wie die Beamten die Messung durchgeführt haben, ist die Beweiskraft stark eingeschränkt.

Schwache Video- und Protokolldokumentation

Nachfahrtmessungen werden häufig durch ein Video dokumentiert. Unscharfe Aufnahmen, fehlende Einblendungen von Zeit, Geschwindigkeit oder Abstand sowie lückenhafte Protokolle mindern jedoch die Aussagekraft. Einwandfrei erkennbar muss sein, welches Fahrzeug gemessen wurde und in welchem Zeitraum.

Verwechslungen im dichten Verkehr

Besonders bei Nacht oder hohem Verkehrsaufkommen kann die Zuordnung problematisch sein. Befinden sich mehrere Fahrzeuge im Bild, darf kein Zweifel daran bestehen, welchem Wagen die Messung zuzurechnen ist. Andernfalls fehlt die Eindeutigkeit, die für eine Verurteilung notwendig ist.

Topografie und äußere Einflüsse

Steigungen, Gefälle, enge Kurven oder schlechte Sicht durch Regen und Nebel erschweren die Nachfahrt. Wird die Messung trotzdem durchgeführt, obwohl die Bedingungen ungeeignet sind, verliert das Ergebnis an Zuverlässigkeit.

Formale Mängel und Schulungsnachweise

Die Beamten müssen für den Einsatz geschult sein und alle formalen Anforderungen wie Messprotokolle oder Einsatzanweisungen müssen vollständig vorliegen. Fehlt einer der Punkte, kann schon allein die fehlende formelle Grundlage eine Messung entwerten.

Rechtliche Angriffspunkte

Die Nachfahrtmessung gilt rechtlich als sogenanntes standardisiertes Messverfahren. Das bedeutet, Gerichte nehmen zunächst an, dass die Ergebnisse korrekt sind, und setzen voraus, dass die vorgeschriebenen Regeln eingehalten wurden. Und genau hier ergibt sich für Betroffene ein Spielraum zur Anfechtung.

Schon kleine Abweichungen bei Technik, Abstand oder Dokumentation können ausreichen, um die Messung rechtlich angreifbar zu machen.

Besonders wichtig ist die Eichung des Tachometers im Polizeifahrzeug. Nur wenn sie gültig ist, kann der Wert als verlässliche Grundlage dienen. Fehlen die Nachweise oder wurde mit einem ungeeichten Tacho gemessen, ist der Bescheid zweifelhaft. Ebenso entscheidend ist die Dokumentation: Ohne vollständige Videoaufzeichnung, lückenloses Messprotokoll oder klare Angaben zum Abstand verliert das Verfahren an Beweiskraft.

Hinzu kommen nicht selten formale Fehler, etwa unvollständige Rechtsbehelfsbelehrungen oder fehlende Schulungsnachweise der Beamten. Auch die Eindeutigkeit der Zuordnung ist häufig falsch. Wenn nicht zweifelsfrei erkennbar ist, dass das gemessene Fahrzeug tatsächlich das des Betroffenen war, lässt sich der Bescheid erfolgreich angreifen.

Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie schnell solche Zweifel zum Erfolg führen können. Das Amtsgericht Dortmund sprach im Oktober 2024 eine Fahrerin frei, der eine Geschwindigkeitsüberschreitung per Nachfahrt vorgeworfen wurde. Grund waren massive Widersprüche zwischen Zeugenaussage und Messprotokoll, beim Abstand, bei der Geschwindigkeit und bei der Dokumentation. Weil wesentliche Voraussetzungen wie ein geeichter Tacho und eine konsistente Aufzeichnung fehlten, erklärte das Gericht die Messung für unverwertbar.

Das Urteil macht deutlich: Auch wenn Nachfahrtmessungen von den Gerichten grundsätzlich anerkannt werden, lohnt sich ein genauer Blick auf die Details. Betroffene sollten jede Messung prüfen lassen. Nicht selten führen Fehler oder Unstimmigkeiten zu einem Freispruch oder zumindest zu einem deutlich höheren Toleranzabzug.

Fazit und Zusammenfassung

So bewährt das Verfahren im Straßenverkehr auch sein mag, es ist fehleranfällig. Für Sie als Betroffenen bedeutet das: Ein Bußgeldbescheid sollte nie unkritisch hingenommen werden. Erst durch eine genaue Prüfung der Akte zeigt sich, ob die Messung tatsächlich verwertbar ist. Unsere spezialisierten Anwälte legen auf Wunsch fristwahrend Einspruch ein und beantragen Akteneinsicht. Anschließend erhalten Sie eine klare Einschätzung zu den Erfolgsaussichten, den weiteren Schritten und den zu erwartenden Kosten. Damit Sie die richtige Entscheidung treffen können.

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